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Die Alster – Ein Fluss im Spannungsfeld zwischen Denkmalschutz und Ökologie

Die Alster – Ein Fluss im Spannungsfeld zwischen Denkmalschutz und Ökologie

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte der Hamburger Baudirektor Fritz Schumacher ein umfassendes Konzept für die Regulierung der Alster, eine angrenzende städtebauliche Entwicklung und gewässerbegleitende Grünflächen und Parks. Schumacher gelang mit diesem Entwurf eine gestalterisch anspruchsvolle Stadterweiterung, die in ihrer Gesamtheit mit Grünanlagen, Bastionen, gebauten Einzelelementen, Straßenbrücken und Uferbefestigungen als Denkmal geschützt ist.

Aufgrund erheblicher ökologischer Defizite galt es zu klären, ob sich die Schumacher‘sche Idee eines urbanen „Flusskanals“ mit den gewässerökologischen Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie und des Biotopverbundes in Einklang bringen lässt. Mit dieser spannenden Aufgabenstellung wurde die EGL beauftragt. Ziel war es, gemeinsam mit den Fachdisziplinen Denkmalschutz, Naturschutz, Wasserwirtschaft und Landschaftsplanung ein „Integratives Leitbild für die denkmalgeschützte untere Alster“ zu entwickeln. Die Studie war Teil eines vom Bundesamt für Naturschutz geförderten Projektes im Rahmen des Naturschutz-Großprojekts „Hamburg, deine Flussnatur“ für Hamburger Gewässerkorridore.

Hintergrund für die Erforderlichkeit war die Tatsache, dass an der, durch Planungen von Fritz Schumacher in eine urbane Form gefassten, denkmalgeschützten unteren Alster viele Ufermauern abgängig sind und die erforderliche Sanierung bzw. Neugestaltung der Ufer die Möglichkeit bieten, bestehende gewässerökologische Defizite im Sinne des Naturschutzes und der Wasserrahmenrichtlinie zu mindern. Bisher standen bei Sanierungsarbeiten an den Ufern der von Linearität und Parallelität geprägten Alster grundsätzlich die Belange des Denkmalschutzes und der Landschaftsästhetik im Vordergrund.

Im Rahmen von drei Workshops mit Vertretern der vier Fachdisziplinen wurden, auf der Grundlage einer umfassenden Bestandsanalyse, die unterschiedlichen Standpunkte ausgetauscht und Anforderungen an das gemeinsame Leitbild diskutiert. Am Ende des 1-jährigen Prozesses wurden sieben teilräumliche Leitbilder entwickelt, die die naturräumlichen Gegebenheiten und Wertigkeiten vom städtisch urbanen, streng architektonisch gestalteten Alsterlauf mit einer Vielzahl an denkmalwerten baulichen Einzelelementen im Süden bis hin zum naturnahen, strukturreichen aber linear und klar abgegrenzten Gewässerlauf im Norden abbilden.

Zur Zielerreichung der formulierten Leitbilder, wurden Maßnahmen benannt, die Bausteine für ein Gesamtkonzept darstellen. Sie entsprechen sowohl den Anforderungen des Denkmalschutzes als auch dem europarechtlich formulierten Ziel der Wasserrahmenrichtlinie das „gute ökologischen Potenzial“ für den Alsterlauf zu erreichen und wurden differenziert in „unsichtbare“ besiedelbare Ersatzstrukturen, „sichtbare“ besiedelbare Ersatzstrukturen und naturnahe Strukturen.

Am Ende dieses komplexen Prozesses steht nun ein gemeinsam erarbeitetes Leitbild einschließlich der erforderlichen Maßnahmen, dass bei zukünftigen Sanierungen der Ufermauern von allen Fachdisziplinen unterstützt wird. Der Prozess macht deutlich, dass die Formensprache von Schumacher der Idee einer ständigen Weiterentwicklung folgend und den ökologischen Anforderungen entsprechend neu interpretiert werden kann.